Duke / Teil VI – Frust

Nachdem der Motor erstmal lief, setzte bei mir in den letzten Wochen eine gewisse Zufriedenheit ein. Und damit schlichen sich wohl auch höhere Erwartungen ein. Davor war es ja egal und alles ein Fortschritt, jetzt erlebe ich Vergaser-Frust, bin genervt von den LC4-Eigenheiten und mache vermeidbare Fehler. „Just Duke it“ steht im Prospekt, im Moment wäre „Just Dump it“ passender. Doch wie Familienmitglieder so sind, the Duke ist unverkäuflich und kann sich leider fast alles erlauben… In bester Tradition, auch das zu erzählen, was nicht funktioniert, folgt hier ein kurzes Update.

Die Qualität des Handyfotos passt trefflich zur Stimmung

Bevor es jetzt an die große Baustelle „Bremsflüssigkeit“ ging, wollte ich das Motoren-Kapitel abschließen. Das betraf vor allem, den Ölkreislauf nochmal zu entlüften und das Standgas bzw. den Leerlauf korrekt einzustellen. Daraus hat sich vor ein paar Wochen ein kleines Drama entwickelt. Und eine Art Henne-Ei-Problem: Der Motor dreht zwischen 3000 und 4000, was nicht schonend ist, aber mit gezogenem Choke kaum zu vermeiden ist. Und ohne Choke säuft der Motor ab. Das Standgas lässt sich aber nur bei betriebswarmen Motor (und ohne Choke) einstellen. Dafür würde ich die Duke gerne drehzahlschonend warmfahren oder warmlaufen lassen. Aber, siehe oben… Dazu kam noch die Entlüfterei, die wir beim ersten Anlassen nach dem Ölwechsel vor lauter Euphorie vergessen haben. Soll aber nicht ganz unwichtig für die Lebensdauer des Motors sein. Dafür haben die LC4-Einzylinder am oberen Rahmen eine Einlass-/Entlüfterschraube. Diese soll vor dem Motorstart geöffnet werden, bis nach ein paar Sekunden Öl austritt und das System entlüftet ist. Ich habe sie mal ohne laufenden Motor geöffnet und es lief bereits Öl heraus. Ist das jetzt gut? Oder schlecht? Keine Ahnung, aber nochmal entlüften würde wohl nicht schaden.

Also: Volle Batterie dran, Vergaserschraube 1,5 Umdrehungen ausgedreht und die Entlüfterschraube schon mal gelockert. Warmlaufen lassen und gleichzeitig entlüften passt doch. Die Duke bollert auch auf Knopfdruck los (ja holla!), ich schließe den Choke etwas, bekomme die zappelnde Drehzahlnadel aber nicht unter 3000 Umdrehungen. Ok, einfach etwas laufen lassen… Nach ein paar Sekunden löse ich die Entlüfterschraube und -plopp- schießt mir ein ordentlicher Schwall Öl entgegen. Vor Schreck suche ich die Schraube, und in Sekundenbruchteilen passieren folgende Dinge ungefähr in dieser Reihenfolge:

  • Das Öl läuft und läuft, der Schwall hat mich aber immerhin nur an den Händen und an der (Motorrad-)Hose gestreift
  • Sofort bildet sich am Boden eine schöne, dunkelbraune Pfütze. Warum auch etwas drunterlegen?
  • Es stinkt und qualmt, weil das Öl teilweise auf den heiß werdenden Krümmer tropft
  • Ich sehe, dass die Schraube noch auf dem Bit und der ölverschmierten Ratsche steckt und drehe sie wieder rein
  • Es ist vielleicht eine gute Idee, den Killschalter zu drücken. Danach ist Ruhe, und der Rauch verzieht sich

Nachdem ich die Sauerei aufgewischt hatte, wollte die Duke nicht mehr anspringen. Vermutlich war die Batterie schon wieder leer. Oder es lag am lauwarmen Motor. Aber ich hatte sowieso keinen Bock mehr. Es war wieder einer dieser selbstzweifelnden Momente, die ich schon länger nicht mehr hatte. Wohlwissend, dass das alles Luxusprobleme sind, versuchte ich das Rest-Chaos zu beseitigen und tröstete mich damit, dass alles noch viel schlimmer hätte kommen können. Ölverschmierte Finger hatte ich trotzdem. Zum Abschied hinterließ die Duke auch noch eine große Pfütze Benzin, das wohl aus unseren späteren Anlassversuchen resultierte. Ich fühlte mich wieder wie der größte Vergaser-Volldepp. Kaum vorstellbar, dass die Duke gute zehn Minuten vorher ohne Murren angesprungen ist. Nachdem ich den größten Frust in die Tastatur gehackt hatte, versuchte ich es positiv zu sehen:

  • Reality-Check: Es ist nichts passiert und es ist immer noch egal, wann die Duke fertig wird
  • Der Ölkreislauf ist jetzt offensichtlich entlüftet
  • Ein Vergaser ist keine Raketenwissenschaft, aber ich verstehe die zig zusammen wirkenden Stellschrauben trotzdem (noch) nicht
  • Die Duke kann nichts für mein Unwissen, trotzdem bewundere ich meine zuverlässige Einspritzer-G 650 noch mehr

Nach ein paar Tagen ging es weiter mit den Bremsbelägen. Ist ja schnell gemacht. Die Klötze waren noch gar nicht besonders abgefahren, der Vollständigkeit halber wollte ich sie trotzdem wechseln. Auch die fetten Kolben der Vierkolben-Festsattelbremse waren in gutem Zustand, ganz im Gegensatz zur Bremsflüssigkeit. Um die neuen Beläge reinzubekommen, mussten wir die Kolben noch weiter zurückdrücken und etwas von der trüben Bremsflüssigkeit absaugen. Aber die steht eh noch auf der To-Do-Liste. Immerhin: Die neuen Beläge sind nun drin.

So sieht Bremsflüssigkeit nach einem guten Jahrzehnt aus

Halbherzig ging es später bei der hinteren Bremse weiter. Die alten Beläge waren schnell draußen, umso schwerer war es wieder einmal, die neuen überhaupt eingefädelt zu bekommen. Aber da ich hier sowieso die alte Bremsleitung gegen eine neue Stahlflex-Leitung tauschen möchte, muss die Bremsflüssigkeit sowieso komplett raus. Das mache ich dann wohl beim nächsten Mal…

Trennung.

Dieser Frust-Report lag nun fast zwei Monate als Entwurf herum. Nicht einmal darauf hatte ich Lust. Das lag aber auch daran, dass immer etwas mit mir hadere, wenn es um frustrierende Berichte geht. Ich möchte nicht herumjammern, weil eines meiner teuren Spielzeuge gerade nicht funktioniert. Genauso wie ich mich bei Reiseberichten nicht beschweren möchte, wenn ich über wunderschöne griechische Bergstraßen fahre, und mich trotzdem hin und wieder unwohl fühle. In der Hinsicht will ich nicht falsch wahrgenommen werden. Gleichzeitig halte ich es für sehr wichtig, auch diese Aspekte zu zeigen. Schrauben ist eben auch Übungssache, und in solchen Momenten hilft mir der Gedanke, dass ich vor ein paar Jahren nicht einmal eine Tankrucksack-Halterung ohne Hilfe anschrauben konnte. Zu dieser Phase kamen dann noch zwei Wochen Kontaktpersonen-Quarantäne (auch mal eine interessante Erfahrung), danach widmete ich mich wieder den anderen Motorrädern. Seitdem finde ich nicht so richtig Motivation, weiter zu machen. Zum Teil auch, weil ich mir im Moment kein Werkzeug leisten möchte, das mir die Arbeit erleichtern würde. Das geht schon bei passenden Schläuchen los, um die Bremsflüssigkeit ohne Sauerei ablassen zu können. Und so fühlt sich das Projekt im Moment an, wie ganz am Anfang: Es gibt so viel zu tun, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Und gleichzeitig fühlt es sich sehr überschaubar an. Man müsste halt nur mal weiter machen…

An dieser Stelle (wie immer) die Liste zur Übersicht:

  • Motor
    • Vergaser überprüfen / reinigen und wieder einbauen
    • Kickstarterhebel ersetzen
    • Kühlflüssigkeit ersetzen, ggf. nochmal durchspülen
    • Tank reinigen –> Ausschwenken, Benzinfilter dazwischenhängen
    • Öl- und Filterwechsel
    • Neu: Benzinhahn nochmal überprüfen
    • (Ventilspiel kontrollieren)
    • (Zündkerze ersetzen)
    • (Kühlerschläuche / Dichtungen bei Bedarf ersetzen)
    • (Luftfilter ersetzen)
  • Getriebe / Antrieb
    • Kettensatz erneuern
  • Bremsen
    • Bremsflüssigkeit vorne und hinten wechseln
    • Bremsleitung hinten gegen Stahlflex austauschen
    • Bremsbeläge wechseln
    • Bremssattel reinigen
    • (Bremsscheiben wechseln)
  • Fahrwerk und Reifen
    • Gabelservice (Gabeöl wechseln, Simmerringe etc.)
    • (Federbein ggf. überholen lassen)
    • (Radlager bei Bedarf ersetzen)
    • Reifen und Schläuche erneuern
  • Elektrik
    • Batterie ersetzen
    • Lichter, Hupe und Anlasser überprüfen
  • Sonstiges
    • Schwinge und Felgen polieren
    • Hebelspiel überprüfen und einstellen (Kupplung, Choke, Gas etc.)
    • Schmierstellen fetten / ölen
    • Neu: Rost am Batteriehalter abschleifen und behandeln

4 Gedanken zu “Duke / Teil VI – Frust

  1. Sehr passend beschrieben. Nachvollziebar. Familienmitglieder…können sich fast alles erlauben, der Lacher für mich, soo ist es.
    Sonnige Grüße aus Niederbayern Rolo

  2. Ich bin ja nicht hämisch-aber bevor man sich an sooo schwierige schraubereien wagt-erst mal nen plattfuss beim Fahrrad flicken. Oder die ADAC Goldcard ausspielen. Und Golf spielen.
    Bernhard. (fahre 75/5 seit 600000km.ohne Werkstatt)

    • Seruvs Bernhard, ja mei, was soll ich da jetzt sagen. Ich schreibe hier glaube ich oft genug, wie gut ich mir überlege, welche Arbeiten ich mir zutraue und welche nicht – aber irgendwo muss man ja anfangen, oder? Passiert halt. Kann natürlich auch Golf spielen, ist mir aber zu teuer, und schrauben lernt man dabei auch nicht.

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