Zwei Tage im Enduropark Hechlingen (1)

„Ooooh sche…e!“ schreit die Stimme der Vernunft in meinem Kopf auf, kurz bevor ich den geschotterten, teilweise felsigen Steilhang nach hinten gelehnt herunterholpere. Die weiße F 800 nimmt’s gelassen und eigentlich geht alles so schnell, dass ich erst beim Ausrollen zum Nachdenken komme. Es ist nicht das erste und auch nicht das letzte Mal in diesen zwei Tagen, dass mir der Kopf gewissermaßen im Wege steht. 2020 war ich wieder in Hechlingen und hatte noch viel mehr Spaß…

Ungefähr 30 Stunden vorher

Nach vielen Baustellen und Umleitungen schafften mein Bruder und ich es gerade noch rechtzeitig zum Briefing im gläsernen Hauptquartier des Enduroparks. Es ist kurz nach 9 und die Temperatur beträgt bereits jetzt über 25 Grad. Es ist Anfang August und kurz nach Ende meiner 6-wöchigen Sprachreise in Brighton, die auch eine Auszeit vom Motorradfahren bedeutete. Umso mehr freute ich mich auf das Geländetraining. Bis jetzt war der schwierigste Untergrund der mir unter die Räder kam ein matschiger Forstweg zwischen Wippenhausen und Burghausen. Kurz nach Begrüßung, Einweisung und Formalitäten wurden die Gruppen eingeteilt. Ich war stolz in eine der Fortgeschrittenengruppen zu dürfen, obwohl „fortgeschritten“ in diesem Fall nur bedeutete, dass man schonmal abseits geteerter Straßen gefahren ist. Danach gingen wir auch schon zu den in Reih und Glied aufgestellten Motorrädern, von F 700 und F 800 GS bis zu R 1200 GS Adventures. Meine 800er trug eine rote -11- auf dem Windschild.

Die ersten Übungen, bei denen wir im Kreis fuhren und auf dem Moped herumturnten dienten der Koordination und dem Gefühl fürs Motorrad. Ich war erstaunt, wie schnell ich mich an die große F gewöhnte. Die längste Eingewöhnungszeit brauchte der Gasgriff, der im Vergleich zu meiner einzylindrigen „G“ relativ direkt reagiert und dank 85 PS auch deutlich mehr Leistung ans Hinterrad weitergibt. Weitere „Grundfahraufgaben“, bei denen wir im möglichst kleinen Bogen wenden sollten, gaben wichtige Erkenntnisse für später: Der Kopf bestimmt die Richtung, in die es gehen soll. Tausendmal gehört und ebenso oft vergessen.

IMG_1772
Chief-Instructor Drill Sergeant Walter gibt Tipps am Hang

Die erste richtige Übungen – Steilhang

Angefangen an einem vielleicht vier Meter hohen Wall mit moderatem Winkel steigerte sich das Vergnügen und das Gefühl der Kontrolle mit jeder Auf- und Abfahrt. Endete der erste Versuch noch mit einem kleinen Sprung, konnten wir nach wenigen Versuchen ziemlich genau an der oberen Kante anhalten. Schwieriger (für den Kopf) wurden dann längere Hänge nur, weil man daran denken musste am Gas zu bleiben. Beim Herunterfahren galt das Gleiche, leicht nach hinten lehnen und rollen lassen. Die Motorbremse erledigte den Rest. Etwas schwieriger war nur das bewusste Abwürgen im Hang, mit anschließendem Herunterrollen oder Umdrehen.

Die Mittagspause verbrachten wir im nahegelegenen Ort, zum ersten Mal nutzte ich den dritten, vierten, fünften und sechsten Gang. Erschöpft durch das Training und die mittlerweile über 30 Grad, war viel Wasser und leichtes Essen notwendig, um in der zweiten Hälfte des Tages nicht vom Moped zu fallen. Bei den nächsten Runden durch den Park steigerte sich das Tempo schon merklich. Ein eng geschlungener Pfad zwischen Bäumen ließ mich staunen, wo man überall mit einem doch relativ großen Motorrad durchkommt. Teilweise hatte ich die Bewegungsabläufe unbewusst so verinnerlicht, dass ich schneller durchkam als ich schauen konnte. Trotzdem verlor sich die nun geteilte Gruppe immer mal wieder. Bei einer Wartegelegenheit wurde ich dann fast von einer zweiten 800er abgeräumt, mit blockierenden Rädern schob sich die Maschine knapp an mir vorbei, den unglücklichen Fahrer schmiss es wenige Meter später.

IMG_1776
Kurze Verschnaufpause

Ein paar Abzweigungen weiter und wir fuhren wieder enge Pfade durch ein Wäldchen, auch bergauf, mit wenig Platz zum Manövrieren. Wieder war ich erstaunt wie viel das Motorrad scheinbar automatisch erledigt, solang man nur die richtige Richtung weist. Trotzdem forderte die dauernde Konzentration am späten Nachmittag ihren Tribut. Der Instruktor bog rechts in den Hang ab, bremste kurz, durch das „plötzliche“ Bremsen irritiert bremste ich ebenfalls. Offensichtlich viel zu stark. Aufeinmal lag ich rechts im Hang zwischen Dornbüschen und schaute mich verwundert um. Mir fehlte nichts, und auch die 800er hatte nur ein paar Schrammen abbekommen. Alles noch einmal gut gegangen. Nach baldigem Trainingsende sammelten sich alle Teilnehmer im nahegelegenen Hotel zum Grillen. Ich ging später als geplant ins Bett und konnte trotz merklicher Erschöpfung nicht so recht einschlafen. Das hatte ich mir anders vorgstellt. Ich hatte Kopfweh, die Decke war viel zu warm und nach hundertfachem Umdrehen schlief ich dann doch irgendwann ein.

Weiter zu Tag 2…

Ein Gedanke zu “Zwei Tage im Enduropark Hechlingen (1)

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.