- Abschnitt: Palazzo – Penne
- Strecke: ca. 300 Kilometer
- Fahrzeit: 08:45 bis 16:15 Uhr
- Motto / Idee des Tages: Alles wird gut
- Lied des Tages: The Slow Show – Dresden
Früher als geplant schaffe ich es aufzustehen. Das schlechte Wetter scheint mich heute früher oder später einzuholen, weshalb ich versuche, mich zu beeilen. Da ich schon wieder ins Grübeln komme und traurig werde, das Haus (und die Gegend!) zu verlassen, versuche ich die To-Do-Liste im Kopf einfach abzuarbeiten. Kurz nach halb 9 bin ich am Motorrad und schätzungsweise zehn Minuten später wieder auf der Straße. Es wird etwas heller, bleibt jedoch bewölkt, was meine Stimmung zusätzlich runterzieht. Da ist Motorradfahren manchmal einfach ein Verstärker. Man ist mit sich und seinen Gedanken allein, was manchmal gut ist, aber manchmal eben auch schlecht.

Stimmung am Morgen, im Hintergrund Arcevia
Ich fahre zum Poggio San Romualdo, der mich auf der letzten Reise mit quasi null Verkehr und schönen Kurven gut auf den Weg Richtung Süden gebracht hat. Heute hängt der kleine Pass in einer Wolke, die eine Sichtweite von vielleicht 30 Metern erlaubt. Auf dem Weg dahin werde ich kurz von einem Hund verfolgt, der neben der Straße lag, aber bis ich das begreife, bin ich aber schon wieder weit weg. Trotzdem erinnert es mich an die Reiseplanung, bei der ich irgendwie auf das Thema „Wilde Hunde“ und „Schäferhunde“ in Griechenland und dem Balkan gekommen bin. Bis jetzt hatte ich erst einmal eine Hund-Motorrad-Situation, ebenfalls in Italien. Das war harmlos, aber da die Hunde oft sehr nah ans Motorrad kommen, weiß ich nie so genau, wie ich mich verhalten soll. Zumindest wenn alle Beteiligten unversehrt bleiben sollen. Die Meinungen gehen auseinander ob nun Anhalten, Anschreien, normal weiterfahren oder Gas geben die beste Lösung ist. Zumal es ja auch auf den Hund ankommt. Aber natürlich gibt es auch dafür Youtube-Compilations, mit denen man sich wunderbar verrückt machen kann.

Hat sich nicht gelohnt
Erst auf der anderen Seite wird es etwas freundlicher, der Blick ins Tal verheißt wieder mehr Wärme und Sonnenschein. Ich nehme mir vor, da unten bald einen Kaffee- und Orientierungsstopp einzulegen. Immerhin, bis auf einen VW Bus ist außer mir niemand unterwegs, so dass ich die stellenweise grob asphaltierte kleine Straße für mich habe.

Passable Aussicht nach Matelica
In Castelraimundo überwinde ich mich, fahre ins Zentrum und parke vor einer Bar. Dieses Mal habe ich nicht das Gefühl, besonders willkommen zu sein, andererseits werde ich aber auch nicht böse angeschaut. Beim Bestellen merke ich mal wieder, wie eingerostet mein Italienisch ist. Als ich Platz genommen habe und eigentlich das Gefühl habe, den ganzen Tag Zeit zu haben, werden die ersten Regentropfen auf Teer und Windschutzscheiben sichtbar. Ich will nun keine Zeit mehr verlieren, fahre aber zunächst ohne Nässeschutz weiter. Wie das halt immer so ist mit Regenzeug auf dem Motorrad, verpasse ich den richtigen Zeitpunkt.

Schmuckloser aber dringend nötiger Nachschub
Erst als die Tropfen dann dicker herunterkommen, ziehe ich meine Regenjacke drüber, wechsle die Handschuhe und verpasse meinem Rucksack den Regenüberzug. Ich hoffe, dass das auf der Sitzbank liegende Rückenteil die Nässe aushält. Bald schüttet es richtig und ich sehe mich gezwungen, auch die Regenhose drüberzuziehen. Nicht dass ich eine besonders tolle Route herausgesucht hatte, an dieser Stelle war es mir egal im Notfall die Autobahn zu nehmen.

Wet, wet, wet
Der im Übrigen latent trüben Stimmung gab dieses Wetter natürlich den Rest. Obwohl ich dachte, nicht zu viel Strecke geplant zu haben, zogen sich die kleinen Straßen schon wieder ohne Ende. Mein Bluetooth-induzierter Helmsoundtrack half dabei auch nicht und nervte mich irgendwann nur noch. Um den Tag nicht noch schlimmer werden zu lassen, wollte ich zumindest beim Tanken nichts riskieren, obwohl an dieser Straße gefühlt alle drei Kilometer eine Zapfsäule stand. Für einen Zehner tankte ich voll, was eher an den teuren Preisen als am Verbrauch lag. Egal. Wenn mein Tiefpunkt noch nicht erreicht war, dann war es nicht mehr weit bis dahin. Die Devise war nun umso mehr: oben bleiben, sicher ankommen. Denn die Stiefel waren nass, die Klamotten leicht feucht, das Visier halb beschlagen und die Handschuhe innen nass. Fairerweise, weil ich mit nassen Händen reingeschlüpft bin. Das ganze Motorrad war überall mit Sand und Dreck eingesaut. An dieser Stelle fasste ich den Entschluss, über die Autobahn auszuweichen.

Nix servito, aber bedient war ich trotzdem
Das Wetter wurde wieder freundlicher, was mich verleitete, die Regenjacke auszuziehen um die aufkommende Zahl-oder Ticket-zieh-Situation an der Mautstation zu erleichtern. Kurz vor der Autobahn kam es dann wieder in dicken Tropfen herunter. Ich testete nun eine neue Methode der Navigation, indem ich mein ohnehin noch verbundenes Handy als Ansage-Navi benutzte. Der Bildschirm hätte sonst sehr viel Akku gezogen, dachte ich mir. Im Prinzip hätte ich auch mein Garmin per Bluetooth verbinden können, das lag aber praktischerweise ganz tief im wasserdicht verpackten Rucksack. Zu meiner Überraschung warnte mich das Google Maps Navi auch vor den drei Staus, die ich mehr oder weniger durchschlängeln aber letztlich nicht durchfahren konnte, da jedes Mal auf einen Fahrstreifen geleitet wurde. Und so enterte ich Abruzzen wie schon 2017 auf die unschönste Art: Auf der Autobahn. Nachdem ich dann rund fünf Euro Maut zahlen musste (und wie erwartet dafür die Regenjacke halb ausziehen musste), schlüpfte ich zum bestimmt sechsten Mal in die wasserdichte Kammer der 2-in-1 BMW Handschuhe. Irgendwann hatte ich sogar aufgehört mich zu ärgern, traurig zu sein, die Reiseplanung zu bereuen, mich über die „harte“ Realität des Solo-Reisens auf dem Motorrad zu gewöhnen. Manchmal habe ich das Gefühl, dafür einfach nicht gemacht zu sein. Egal, es ging jetzt nur noch ums Ankommen, was mit der Handy-ins-Ohr-Navigation sehr gut funktioniert hat. Mein Handy mausert sich ohnehin zum unterschätzten Helden des Urlaubs, denn als mobiler Hotspot hat es oft eine bessere Verbindung als Hotel-WLAN. So auch heute. Zumindest steht das Motorrad heute in der Garage, meine Sachen können hoffentlich trocknen und ich habe es nicht weit ins Zentrum von Penna. Vermutlich werde ich mir nur eine Pizzeria suchen und der Schönheit dieser Stadt mal wieder nicht weiter gerecht werden. Nach einer (zur Abwechslung) warmen Dusche haben sich sogar die dunkeln Wolken verzogen. Wirklich warm ist es nicht, aber zumindest bin ich dann mit meiner kurzen Hose und T-Shirt nicht mehr komplett falsch angezogen. Vielleicht reiche ich noch ein Foto nach, vielleicht auch nicht. Ich muss den Tag erstmal verarbeiten und habe das Gefühl, genauso weiterzumachen, wie ich beim Alleine-Reisen 2017 aufgehört hab: mir keine Zeit nehmen, nur von A nach B fahren, mich nicht wohl dabei fühlen und die Reise und Flexibilität nicht zu genießen. Bei einer Sache bin ich mir zumindest sicher: Wenn ich mich in Italien schon so fühle, dann sollte ich vielleicht wirklich wieder mit der Fähre von Griechenland nach Italien zurückfahren und den Balkan sein lassen. Zumal mir die aktuelle Situation™ und das, was ich davon mitbekomme (steigende Zahlen, wieder Quarantäne für Rückkehrer?) immerhin auch eine Ausrede liefert.
hi Ferdi, war heute auch nur im dunklen und nassen und kalten unterwegs….und wie so oft die Regenhose zu spät rausgeholt. bin dafür dann durchgefahren!
hat mir sehr spass gemacht die letzten tage : )))