Wer mit dem Motorrad mal jenseits des Zulassungsbezirks unterwegs ist, kommt um das Thema Orientierung und Routenplanung nicht herum. Man kann das auf einen Glaubenskrieg Navi vs. Karte reduzieren, aber eigentlich sollte weder das eine das andere ersetzen. So oder so, langweilige Routen verderben jeden Spaß an der Fortbewegung, auch wenn es manchmal sein muss. In diesem Beitrag umreisse ich daher ein paar Grundlagen zum vielleicht trivialen aber wichtigem Thema Navigation.
Navigation mit Schmierzettel Pro

if it works, it ain’t stupid
Für Touren jeglicher Länge kann es Spaß machen, sich die Route vorher herauszusuchen und die wichtigsten Punkte aufzuschreiben. Auch auf Kurzstrecken (im gezeigten Fall zum Termin bei der Dekra) nutze ich gerne kleine Zettel auf dem Tank. Darauf steht in etwa das, was bei Google Maps optional aus dem Drucker kommt. Nur eben aufs Wichtigste reduziert und nicht „In 100 m auf Hauptstraße abbiegen“. Ob die Planung auf Papier oder Digital läuft, spielt keine Rolle, die Vorteile der digitalen Karten sind jedoch die eingezeichneten Details und zum Teil vorhandenen Satellitenansicht. Aus „in X RECHTS auf HAUPTSTR.“ wird dann unter Umständen ein „an TANKSTELLE RECHTS“. Das hoffentlich leserliche Resultat kann man sich dann ins Kartenfach legen – oder einfach auf den Tank bappen. Ansich reicht es oft schon, sich die größeren Orte herauszuschreiben. Großer Vorteil für mich: Auch längere Fahrten werden deutlich kurzweiliger, da man sich immer in kurzen Etappen entlang hangelt. Diese Art Mini-Roadbook lässt sich auch hervorragend mit einer Papierkarte kombinieren, denn es ersetzt das ständige Suchen nach kleingeschriebenen Ortsnamen auf der Karte.
Beifahrers Alptraum: Die Faltkarte

Verfahrene Situation
Eine Faltkarte ist für mich nach wie vor das ultimative Werkzeug und darf auf keiner längeren Fahrt fehlen. Sie sind meist leicht, ermöglichen Planungen im großen wie im kleinen Maßstab und sind mit etwas Übung auch während der Fahrt lesbar. Zumindest wenn man den richtigen Ausschnitt im Tankrucksack liegen hat. Wegpunkte und Empfehlungen von Ortskundigen lassen sich während der Reise leicht einzeichnen. Und wer breitet nicht gerne ein riesige Karte vor sich auf dem Boden aus? Die Nachteile sind altbekannt. Für einen längeren Urlaub braucht man vielleicht mehrere Karten, für die letzten Meter sind sie nicht zu gebrauchen und wer sich verfahren hat, muss sich erstmal umschauen. Und wie alles gedruckte sind die Karten nach ein paar Jahren in manchen Details nicht mehr aktuell. Fairerweise kosten sie aber oft nicht mehr als 20 Euro (eher um die 10 Euro) und Navis oder Handys nutzt ja heutzutage auch niemand länger als sagen wir mal zehn Jahre… abgesehen davon sind sie gewissermaßen eh Verschleissmaterial.
Unbedingt zu beachten ist der jeweilige Maßstab, der schnell erklärt ist aber schnell zum Fehlkauf führen kann. Ich habe zum Beispiel eine Italienkarte in 1:800 000. Das heißt, 1 Zentimeter auf der Karte entspricht 8 weltlichen Kilometern. Dafür habe ich zwar ganz Italien drauf, viele kleinere Orte (und Straßen) sind jedoch nicht eingezeichnet. Mit der Karte habe ich mich also mehr als einmal verfahren, da die angeschriebenen Orte einfach nicht auf der Karte eingezeichnet waren. Das andere Beispiel sind meine zwei Regionalkarten in 1:150 000. Sie decken jedoch nur ein relativ kleines Gebiet ab, dort ist aber jedes Kaff eingezeichnet. Welche Karten man sich ins Gepäck packt, ist somit eine Abwägungssache. Andere Karten bieten mit Maßstäben von 1:200 000, 1:400 000 oder 1:500 000 immer einen Kompromiss an. Wer sich im Urlaub nur in einer Region aufhält, sollte sich ruhig eine sehr detaillierte Karte entscheiden. Da ich jedoch nicht für jedes zu durchquerende Land zwei Karten kaufen möchte, werde ich bei meiner bevorstehenden Balkan-Tour folgende Karten dabei haben:
Italien in 1:800 000
Regionalkarten Trentino/Südtirol sowie Umbrien und Assisi in 1:200 000 und 1:150 000
Griechenland in 1:500 000
Albanien in 1:400 000 (enthält auch Montenegro)
Kroatien in 1:500 000 (enthält auch Bosnien und Slowenien)
Navigation per GPS
Viele setzten mittlerweile ausschließlich auf diese Art der Navigation, ob jetzt per Handy oder „Navi“ spielt abgesehen von ergonomischen Gesichtspunkten kaum eine Rolle. Für mich ist die Navigation mit Smartphone nur in Notfällen erträglich. Die robuste Hülle, Optimierung auf Motorradfahrprofile sowie der Fokus aufs Wesentliche spricht nach wie vor klar für „richtige“ Navis. Ebenso wie Akkulaufzeit und Ablesbarkeit. Für eine saubere Integration (Lademöglichkeit bzw. Stromanschluss und Befestigung am Lenker) benötigt es so oder so einen gewissen Umbauaufwand. Preislich schlägt das eh schon vorhandene Smartphone klarerweise jedes Navi. Auch Tablets sieht man immer häufiger als gut ablesbares Navi, vor allem bei hohen Rallye-Cockpits. Es ist und bleibt Geschmackssache. Egal wie, ich verbinde mit der GPS-Unterstützung eher notwendige Fahrten von A nach B oder eben städtische Navigation. Eine Reiseplanung ist damit in etwa so, wie Hausarbeiten auf dem Handy zu schreiben. Nicht unmöglich, aber unglaublich umständlich. Trotzdem kommen manche damit klar. Immerhin: Neue Modelle berechnen auf Wunsch kurvenreiche Strecken und können so eine schöne Tagestour in wenigen Sekunden erstellen. Mein altes Garmin bietet lediglich die altbekannten Optionen kürzere Zeit oder kürzere Strecke. Ich fühle mich durch diese passive Art der Wegfindung jedoch immer etwas entkoppelt. Daher nutze ich das Navi im Urlaub vor allem dann, wenn ich wenig Zeit habe oder um die letzten Meter zur angepeilten Unterkunft zu finden. Oder eben dann, wenn ich mich komplett verfahren habe. Wer übrigens vom Auto verwöhnt ist: Besitzer eines Helm-Kommunikationssystems mit Bluetooth-Verbindung können Handy oder Navi verbinden um Sprachanweisungen zu erhalten.
Ein besonders wichtiger Punkt (zumindest bei richtigen Navis) ist die Aktualität des digitalen Kartenmaterials. Smartphones betrifft das weniger, da sie die Kartendaten in der Regel aus dem Internet beziehen (was unterwegs ein weiterer Nachteil sein kann). Die Halbwertszeit fest installierter Karten merkt man besonders oft an einem Kreisverkehr, der offenbar vor fünf Jahren noch eine normale Kreuzung war. Ansich werden oft lebenslange Updates garantiert, in meinem Fall betraf das aber lediglich Zentraleuropa. Aber auch dafür gibt es teure und kostenlose (aber zeitintensivere) Lösungen. Nach meinen ersten halbherzigen Versuchen habe ich es nun geschafft, die kostenlos nutzbaren OpenStreetMaps auf mein Garmin zu ziehen. Auf dieser Seite lässt sich für viele Garmin-Geräte auswählen ob es ein vorgeschnürtes Paket eines Landes (plus Überlappung an den Grenzen) sein soll, oder eine eigene. Dazu müssen lediglich die gewünschten Kacheln markiert werden. Je nach Auslastung kann der Download wenige Minuten bis ein paar Tage auf sich Warten lassen. Bei der Nutzung können noch die ein oder anderen Probleme auftreten. In meinem Fall kann das Navi immer nur eine zusätzliche Datei einlesen, durch das Umbenennen ist die Karte nicht mehr auswählbar. Getestet habe ich das mit einer aktuellen Deutschlandkarte (um die vorinstallierte von 2015 zu ersetzen) und eine zusammengestellte Italien-Balkan-Karte für meinen Urlaub. Um das Garmin nicht zu überfordern, habe ich auf eine riesige Europakarte verzichtet. Die praktische Alternative ist zwei verschiedene SD-Karten zu nutzen. Wie zuverlässig die Routenführung funktioniert, kann ich für die zusammengestellte Karte erst vor Ort überprüfen. Ich bin noch etwas skeptisch, da ich bei der Adresssuche nur sehr wenige Ortschaften vorgeschlagen bekommen habe. Bei der Deutschlandkarte ging es ohne Probleme. Das mag jedoch auch ein Nachteil der zusammengeschusterten Karte sein.
Karte und GPS

Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter ODbL
Natürlich lassen sich Karte und Navi auch wunderbar kombinieren, um sich vorab eine schöne Route zu überlegen. Damit können auch ältere Geräte (ohne Routenführung über kurvige Strecken) etwas spaßbringender zum Ziel führen. Für die Erstellung der Routen gibt es diverse Tools, entweder über Software der Navi-Hersteller oder über Webseiten. Eine sehr bekannte ist Kurviger.de. Im Prinzip ähneln sich diese Programme, alle nutzen eigene Karten oder Material von Google oder OpenStreetMaps. Wie im Navi lassen sich Routen mit Eingabe von Start und Ziel berechnen und Wegpunkte nach belieben hinzufügen. Oft lässt sich die Route dann noch nach vorgefertigten Parametern (z.B. kurvige Strecke, keine Schnellstraße) oder mit ein paar Mausklicks verändern. Wer gar keine Lust auf Karten wälzen (oder scrollen) hat und auch keine Kurvenfunktion im Navi oder Handy hat, kann Kurviger.de dann auch als „Quick & Dirty“ Lösung für eine nicht rein auf Effizienz getrimmte Wegführung nutzen. Egal mit welchem Programm, die so gespeicherte Strecke kann dann als GPX-Format auf das Navi geladen und ausgewählt werden. Im Gegensatz zur reinen Navigation mit einer Karte wird man so beim falschen Abbiegen wieder zurückgelotst. Ein letzter aber sehr wichtiger Vorteil sei noch erwähnt: Wer eine Route am PC plant, bekommt nicht nur die exakte Länge der Route sondern oft auch eine geschätzte Fahrzeit. Das unterstützt vor allem die Planung mehrtägiger Reisen.
Points of Interest

„guess where I am“
Eine Route entsteht ja letztlich aus Wegpunkten und Zwischenzielen. Hier beginnt ja die viel schwierigere aber auch spannendere Reiseplanung. Mit den Möglichkeiten des Internets, Google Maps und Google Street View hat das Reisen ansich vielleicht etwas Zauber verloren. Heute kann ich mich durch 360 Grad Ansichten von Dubrovnik, Hong Kong oder Austin klicken, in ein paar Jahren wahrscheinlich noch mit 3D-Brille. Dazu kommt, dass sich viele Großstädte ja sowieso in vielen Dingen immer mehr ähneln. Zum Glück ersetzt das aber nicht die tatsächlichen Sinneseindrücke vor Ort. Außerdem kann man sich ja trotzdem vom schönen Klang fremder Städte und Dörfer einlullen und einladen lassen. Und Großstädte versuche ich im Urlaub generell zu meiden. Wer genug Urlaubstage vorweisen kann, hat also bei der Routen- und Urlaubsplanung die Qual der Wahl. Wie die Navigation ist das Maß an Vorbereitung und Planung subjektiv. Mithilfe der folgenden „Mittel“ setze ich mir vorab oder teilweise während der Reise ein paar Wegpunkte, die ich jedoch selten fix anfahre. Eine Ausnahme stellt vielleicht eine gebuchte Fähre dar. Alles andere lässt sich ja teilweise am selben Tag buchen oder direkt anfahren.
- Für alles rund um die Alpen: Alpenstraßenführer Denzel
- Faltkarten geben viele Hinweise:
- Schöne Streckenabschnitte sind oft markiert
- umrandete oder unterstrichene Ortsnamen markieren malerische Städte
- Sehenswürdigkeiten sind ebenfalls oft eingezeichnet
- Google Maps oder ähnliche digitale Karten zeigen auf Wunsch ebenfalls alles, was von Interesse sein könnte
- Empfehlungen anderer (Motorrad-) Reisender
- Empfehlungen in Magazinen, Reiseblogs oder Reiseführern
- Bekannte Sehenswürdigkeiten, die sich aufgrund der Tages- und Jahreszeit eventuell tatsächlich stressfrei besuchen lassen
- …

Ein Plan ist ein Plan, mehr aber auch nicht.