Werkzeugrolle, Bordwerkzeug oder Tool Tube. Die Begriffe entbehren nicht einer gewissen Romantik. Der mechanisch-versierte Motorradfahrer, der am Straßenrand neben seiner Maschine kniet und eine kleine Panne behebt, die Tasche aus Segeltuch fein säuberlich ausgerollt. Bisschen am Vergaser getinkert, die gut zugänglichen Zündkerzen gewechselt und weiter geht die sonnige Fahrt. Die Realität sieht freilich anders aus. Wetter ist scheiße, der Fahrer hat keine Ahnung, der Defekt unergründlich und im schlimmsten Fall ist auch kein Werkzeug dabei.

Besser als nichts, aber in den meisten Fällen keine Hilfe
Ich spreche zum Glück nicht aus Erfahrung, bin aber sehr oft ohne Bordwerkzeug unterwegs. Oder nur mit dem, was die Zweiradfabriken einem heutzutage halt so unter die Sitzbank legen. Das reicht im schlimmsten Fall nur zum Ausbau der Batterie und im besten Fall zum Austausch des Luftfilters. Obwohl ich seit Jahren stolzer Besitzer einer Enduristan Werkzeugrolle bin, habe ich sie seit dem ersten halbherzigen Befüllen nie wirklich auf Sinnhaftigkeit überprüft. Oft habe ich sie auch nichtmal im Urlaub dabei gehabt.

Das überschaubare Bordwerkzeug der GS
Seit der letzten (und ersten) größeren Panne, der perforierten und damit inkontinenten linken Zylinderkopfhaube, nehme ich mir daher vor das Thema Werkzeugrolle ernsthaft anzugehen. Seitdem habe ich immerhin einen Satz Torx-Schlüssel gekauft, was mich schonmal zu umfassenden Arbeiten an der GS befähigt. Mit GS-Bordwerkzeug wären wir damals nicht weit gekommen. Auch der erste Reifenwechsel erforderte Spezialwerkzeug um die Steckachse lösen zu können. An der Xchallenge sind viele Inbus-Schrauben verbaut, weshalb bereits ein Satz der Sechskantschlüssel sehr hilfreich ist. Es wäre aber keine echte BMW, wenn für relativ normale Arbeiten nicht irgendein unnormales Werkzeug benötigt würde. Weshalb ich nun einen Schraubenschlüssel und eine Stecknuss in Größe 26 besitze.

Die noch reichlich unsortierte Gepäckrolle
Wie umfangreich das Bordwerkzeug ausfallen sollte ist sicherlich eine Frage des Geschmacks, der eigenen Fertigkeiten und der Pannenanfälligkeit des Motorrads. Da Platz und Zuladung begrenzt sind, muss auch die Werkzeugrolle einen Kompromiss abbilden. Einigkeit herrscht nur darin, dass sowieso das Ersatzteil oder Werkzeug fehlt, das man gerade am dringendsten bräuchte. Garnichts dabei zu haben ist also auch eine valide Strategie. Mittlerweile handhabe ich das wie folgt:
Immer unter der Sitzbank und daher auch im Alltag dabei sollte sein:
- Das serienmäßige Bordwerkzeug, aufgepimpt mit Kabelbindern und einem Torx- bzw. Inbus-Satz
- Ein Flickset für Schlauchlosreifen (R 1200 GS) bzw. ein Pannenset für Schlauchreifen (G 650 X)
- künftig ergänzt durch ein kompaktes Starthilfegerät
Damit lassen sich zumindest Reifenpannen notdürftig beheben und alles, was mit der Batterie zu tun hat. Mit diesem Werkzeug ist sowohl das Entfernen der Verkleidung (bei der 650er nötig, um an die Batterie zu kommen) als auch das Ausbauen der Batterie möglich. Auch das An- und Abbauen der Spiegel, sofern erforderlich.
Auf längeren Reisen erweitere ich das noch um ausgesuchtes Werkzeug und die titelgebende Werkzeugrolle (siehe unten):
- Werkzeug für Zündkerzenwechsel
- Werkzeug für Radausbau bzw. zum Kettespannen (inkl. Adapter, 3/8 Zoll Ratsche als guter Kompromiss)
- Montierhebel
- Luftdruckprüfer und Luftpumpe (nicht im Bild)
- Kaltmetall (nicht im Bild)
- Panzertape und selbstverschweißendes Tape
- Glühbirne für Abblendlicht (Pflicht in Kroatien und ohnehin kleines Packmaß)
- Ein Satz Inbusschlüssel (v. a. für alle Touratech-Anbauteile)
- Einmalhandschuhe
- Zwei Außentorx-Aufsätze für Lenkeraufnahme (R 1200 GS)
- Ersatzschläuche und oder Flickset (G 650 X, nicht im Bild)
Trocken gelagerte Zündkerzen oder Werkzeug für einen Ölwechsel sind dagegen eher Sachen für Welt- oder Fernreisende. Wer wie ich meist nur wenige Wochen oder maximal 10 000 Kilometer unterwegs ist, kann also darauf verzichten, die halbe Werkstatt inklusive Verschleißteile mitzuführen.
Ich bin zwar kein Motoradfahrer, aber ich habe auch mehrere Werkzeugwickel. Kennengelernt hab ich die vor bald 50 Jahren bei meinen Großvätern – auch für Angelzubehör – selbst genäht aus allem was verfügbar war. Das Werkzeug für die Motorsägenpflege in der Werkstatt ist in einem Wickel, das vermutlich älter ist als ich. Das Werkzeug für im Wald und das für mal schnell außer Haus ist jeweils in nagelneuen Onlinekäufen eingewickelt – genau wie die umfangreiche Locheisensammlung. Selbst meine werte Gattin hat sich jetzt ein Wickel für ihren Strickkram genäht.
Servus, ja, wo man Werkzeug braucht ist es immer gut, das wichtigste in kompakter Form beinander zu haben. Da ich gerade das Spezialwerkzeug aber oft auch brauche, wenn ich in der Werkstatt schraube, kommt es dann doch immer wieder durcheinander… Aber immerhin verstaubt die Werkzeugrolle (die bei mir ja eigentlich „nur“ für unterwegs dient) dadurch nicht.
Hallo,
ja, das Problem mit der Ordnung bzw. mit dem Durcheinander erfordert ein wenig Selbstdisziplin. Das schein aber, zumindest bei mir, mit dem Alter besser zu werden. Wenigstens was… 😉