Neuzugang: HP2

Aus der Reihe „Mir ist da was zugelaufen…“. Seit kurzem darf ich einen weiteren BMW-Exoten in meiner Garage begrüßen: Die HP2 Enduro. Nach Papierkram, Nummernschild anbringen und Batterie aufladen hatte ich irgendwie erst vor kurzem Zeit, mit ihr auf Tuchfühlung zu gehen.

Nicht mehr ganz original, aber unverkennbar Ha-Pe-Zwei

Die HP2 und insbesondere diese HP2 kenne ich schon mein gesamtes Zweiradleben und vielleicht auch schon etwas länger. Als ich noch keinen Führerschein, aber schon ein bisschen Ahnung hatte, schlich ich bereits ehrfürchtig um das athletische Boxertier. Ich wusste: Das ist etwas ganz besonderes. Weil sie nur zwischen 2005 und 2007 gebaut wurde. Weil sie ein Boxer-Leichtgewicht ist. Vor allem aber weil sie so wild war, wie wenige BMW zuvor, und trotzdem so zuverlässig, wie das Motorrad, mit dem sie viel gemeinsam hat: Die R 1200 GS. Statt eine Style-Variante zu sein gingen die Modifikationen tief: Neuer Rahmen, neues Fahrwerk, modifizierter Motor, kein ABS, eine längere Schwinge, 21-Zoll-Vorderrad. Und noch viele Kleinigkeiten mehr.

Die Bildqualität verrät es: Dieses Bild kommt ganz tief aus dem Archiv (2013)

Da die Geschichte der HP2 Enduro (es gab ja auch noch Megamoto und Sport) aber gut dokumentiert ist und ich mir noch etwas für einen eigenen Beitrag aufheben will („Testride“ folgt), belasse ich es für diese Einleitung bei einer letzten Anekdote: Ich durfte letztens eine F 900 GS abholen, die für eine Reportage in MOTORRAD gedacht war. Ich selbst wäre mit meiner Xchallenge gefahren, aber zwischendurch hätte ich sicher auch mal die F 900 GS durch einen Parcours des Touratech Active Adventure gezirkelt. Ich habe mich schon drauf gefreut, auch, weil ich die 900er ziemlich interessant finde – ich mag den Motor in der F 900 XR und die „Modellüberarbeitung“ (Understatement des Jahres) der F 850 GS gefällt mir richtig gut. Ein perfekter Kandidat für das beliebte „Ich habe nur Platz für ein Motorrad“-Szenario. Schon die Abholung über einigermaßen langweilige Landstraßen sorgte für ein breites Grinsen unterm Helm. Kein Wunder, 105 PS bei rund 225 Kilo, Enduro-Ergonomie, Grobstoller auf Kreuzspeichenrädern und eine hübsche Verpackung, zusammen mit BMW-typischen Annehmlichkeiten, modernen Sicherheitsfeatures und, davon darf man ausgehen, Zuverlässigkeit. Super cool. Dann kam etwas, womit ich im Jahre 2024 nicht mehr wirklich gerechnet hätte: Ein positiver Coronatest, der alle Pläne zunichte machte. Wodurch ich die 900er zwei Wochen später einigermaßen geknickt auf direktem Wege zurück nach Garching fuhr und wieder auf dem BMW-Presse-Parkdeck abstellte. Selbstverständlich ohne in der Zwischenzeit einen Kilometer gefahren zu sein. Na gut.

Ein paar Tage später holte ich dann die HP2 von der Werkstatt. Obwohl ich sie in den letzten Jahren immer mal wieder gefahren bin (u. a. auch mal von Stuttgart nach Freising), hatte ich komischerweise keine starken Erinnerungen an das Fahrgefühl. Ich muss wohl sehr vorsichtig gefahren sein, denn mir fiel nur der im Vergleich zu meiner GS rauhere Motorlauf ein – was u. a. an der eingesparten Ausgleichswelle liegt. Aber richtige Fahreindrücke? Hmm. Da war ich nur angefixt von den zeitgenössischen Berichten, die ich mir in der Zwischenzeit reingezogen habe. Nach dem Anlassen war das alles wurscht, schon im Leerlauf hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht. Ich hatte (wie immer) nicht viel Zeit, aber einen kleinen Umweg nahm ich schon, und nach zwei Kurven war ich verblüfft. Ich erinnere mich an kein Motorrad, dass derart leichtfüßig einlenkt. Liegt natürlich am gerade montierten Supermoto-Radsatz. Trotzdem: Kaum zu beschreiben, wie dieses Ding um Gullideckel tänzelt. Mit etwas angewärmten Motor riss ich das Gas mal gefühlt 40 bis 50 Prozent auf… pow, zieht einem das Ding die Arme lang, was für ein Boxer-Punch! Heftig. Um diese lange Geschichte abzukürzen: Die F 900 GS war danach sowas von vergessen, verdrängt, ausradiert von der HP2. Was für ein Motorrad!

I. Service first

Eines der ersten Dinge, die ich mit meinem Neuzugang vor hatte, war der dreifache Ölwechsel (it’s a BMW-thing). Weil die HP2 im Prinzip den gleichen Motor wie meine GS hat, habe ich zum Glück überhaupt keine Berührungsängste, die beschränken sich derzeit auf das ca. letzte Drittel des Gasgriffs.

Los geht’s mit dem Getriebeöl (hier nur noch ein dünnes Rinnsal). Im Hintergrund wartet das andere Kardan-Tier

Am Getriebe lief alles wie gewohnt, abgesehen davon, dass die Ablassschraube noch etwas schwieriger zu erreichen ist, als bei der GS. Ja ja, Leichtbau und so. Aber egal, ich habe mich dran gewöhnt, dass eh immer etwas Altöl daneben geht. Danach wollte ich das Öl im Hinterachsgetriebe wechseln. Was bei der R 1200 GS mittlerweile Routine ist, ist bei der HP2 leider etwas komplizierter. Sie entspricht hier den frühen GS-Modellen, bei denen die Ablassschraube noch auf der 9-Uhr-Position liegt, was bedeutet, dass man den gesamten Endantrieb abklappen muss. Hat aber auch sein Gutes: Man kann bei der Gelegenheit den Kardan mit dem berühmten Staburags fetten. Ich habe mir aus der BMW-Wartungs-DVD eine gute Anleitung gezogen, trotzdem habe ich etwas Respekt vor der Aufgabe, auch weil die Faltenbälge aus Gummi gut sitzen sollen, wenn der Kardan vor Regen und Dreck usw. geschützt bleiben soll. Aber sieht eigentlich alles machbar aus. Woran ich allerdings nicht gedacht hatte, waren die Radschrauben des Supermoto-Radsatzes, die so tief in der Gussfelge liegen, dass ich hier mit Standardwerkzeug nicht weit gekommen bin. Das mache ich also wann anders und hoffentlich noch vor dem ersten Streusalz auf den Straßen.

Alles im Lot

Der Ölwechsel im Triebwerk war nicht überfällig, aber da ich das Material schon da hatte und der Schmierstoff noch halbwegs betriebswarm war, wechselte ich halt schnell das Motoröl samt Filter. Hier war die Vorgehensweise ja ident zur Schwester aus der Großserie. Haken dran…

Nach dem Ölwechsel im Endantrieb werde ich im Winter mal die Bremsflüssigkeit wechseln. Hier gilt: No ABS, No Trouble. Danach werde ich mein Gewissen irgendwann mit Ventilspiel und Generatorriemen beruhigen, aber das hat jetzt nicht so die Priorität…

II. Farkles („functional sparkles“)

Ein weiteres GS-Gleichteil

Zubehör ist bei der HP2 kein großes Thema. Erstens gibt es Teile, wenn überhaupt, nur noch gebraucht. Und außerdem habe ich vieles mitbekommen. Weshalb ich die HP2 mittelfristig wieder auf den Enduro-Radsatz stellen möchte. Dazu kommen dann noch ein paar Extras wie Motorschutz und etwas, was im Fall des unfreiwilligen Bodenkontakts nicht zu so einem Desaster wie 2019 in Italien führt. So eine Ventildeckelhaube ist eben auch nur begrenzt abriebfest. Sturzbügel gab es zu meinem Erstaunen von BMW nie, zumindest steht davon nichts in der umfassenden Pressemitteilung. Auch einen größeren Motorschutz, wie es ihn für die verwandte R 1200 GS und R 1200 GS Adventure gab, findet man dort nicht. Da gibt’s nur das gelochte Blech, was standardmäßig jede GS zierte. Für den Aufprallschutz der Zylinder bleiben nur die typischen, großflächigen Kunststoffschützer, die man auf vielen Pressebildern der HP2 Enduro sieht. Bei Touratech gab’s natürlich entsprechenden Vollschutz, aber in diesem Fall würde ich einfach mal BMW vertrauen wollen. Mir bleibt sowieso nichts anderes übrig, denn die Teile sind wie gesagt noch seltener, als Gebrauchtmaschinen. Als erstes Schutz-Teil schraube ich jedenfalls mal den Motorschutz meiner GS an, der sowieso nur arbeitslos auf dem Speicher herumlag.

III. To be continued…

Wie viel Platz die HP2 dann künftig in meinem Blog einnimmt? Keine Ahnung, aber die ein oder andere Anleitung oder Werkstattstory wird sicher entstehen. Genauso wie ein „Testride“, in dem ich (wie bei Xchallenge und GS) auch wieder viel vom Hintergrund des Motorrads einbinden möchte. Da wird’s dann auch super Bilder aus dem Archiv geben. Ich freu mich schon drauf! Und dann gibt es ja noch Sachen wie passendes Gepäck suchen, oder, ganz verrückt, eine Reise mit dem Motorrad machen. Denn im Gegensatz zur permanent vernachlässigten (und nach wie vor etwas unrund laufenden) Duke würde ich mit der HP2 sofort losfahren. Mit einem Dauergrinsen unterm Helm.

2 Gedanken zu “Neuzugang: HP2

Hinterlasse eine Antwort zu Palazzo43 Antwort abbrechen