Zehn Jahre später
Anfang November steht mittlerweile auch bei mir immer die EICMA im Kalender – die größte Motorradmesse der Welt, die immer einen Anlass bietet, dem trüben November in Richtung Mailand zu entfliehen. Mittlerweile ist das eher Pflichtprogramm als Freizeit, weshalb die Messe für mich auch etwas von ihrem Zauber verloren hat. Allerdings ist mir irgendwo im Schweizer-Anti-Roaming-Funkloch aufgefallen, dass ich vor zehn Jahren zum ersten Mal dort war. Ein kleines Jubiläum also. Und noch mehr. Das genau zu rekonstruieren ist schwierig, zumal man in rosiger Nostalgie vieles verklärt. Aber irgendein Impuls sorgte dafür, dass wir 2013 zum ersten Mal zu dritt im Auto Richtung Mailand saßen. Und zumindest im BMW-Portfolio kannte ich mich als bis dato höchstens pedalierender Zweiradfahrer aus. Das heißt, ich wusste zumindest, was eine GS ist. Damals aktuell: Von der nun wassergekühlten R 1200 GS kam die Adventure-Variante. So so. Dann gab es da noch eine gewisse R nineT. Und ich schlenderte über die Messe und fotografierte alles, was ich cool fand. Die spätere Auswertung der unterbelichteten Handyfotos ergab: Fast nur Reiseenduros oder Supermotos. Ein Jahr später hatte ich den A-Führerschein und war auf meiner G 650 GS Sertao unterwegs, schwärmte dank Long Way Round von der Weltreise. Zwei Jahre später lernte ich die Freuden und Leiden des Offroad-Fahrens mit einer Großenduro so richtig kennen, drei Jahre später entstand dieser Blog und die vage Idee, mich für ein Praktikum bei der MOTORRAD zu bewerben. Zehn Jahre später verantworte ich den MOTORRAD-Podcast, redigiere die Geschichten anderer Reisender. Habe das Privileg, ein paar Mal im Jahr selbst auszurücken, um beruflich mit dem Motorrad zu reisen und darüber zu berichten. Und kann nebenbei viele Motorräder, Klamotten und Zubehör ausprobieren. Hätte mir damals jemand die gleichermaßen beliebte wie blöde Frage „Wo siehst du dich in zehn Jahren?“ gestellt, hätte ich sicherlich etwas anderes geantwortet. Das allein der EICMA zu verdanken, wäre auch zu einfach. Aber sie war definitiv ein großer Baustein im Fundament meiner Begeisterung.

Passend zu meinem persönlichen Jubiläum habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich auf einmal Charley Boorman beim Touratech-Stand sah. Dank Long Way Round, Race to Dakar, Long Way Down und zig weiteren Serien nicht nur für mich eine große Inspiration. Trotz meiner Redakteurs-Uniform war ich sofort in der schüchternen Fanboy-Rolle und überlegte noch, ob ich ihn überhaupt ansprechen soll. „Never meet your heroes“ sagt man ja. Aber zum Glück unterhielt sich Charley mit Teresa von Rev’it, die mit ihm schon diverse Male unterwegs war. Und da ich Teresa schon von diversen Messen kenne, stellte sie uns vor und nahm mir so zumindest einen Teil der Peinlichkeit ab. Und was soll ich sagen, vor all der Aufregung weiß ich nicht mehr so viel des ca. dreiminütigen Smalltalks, aber es war erstaunlich unkompliziert und für mich genau so, wie ich Charley eben schon aus der Zuschauerrolle kenne. Für mich das Highlight der Messe und hoffentlich ein Anlass, aus dem sich eventuell ein weiteres Treffen oder Gespräch ergeben wird.

Trotz meines persönlichen Highlights gab es noch kleinere Highlight-chen, die man eben oft auch erst beim dritten Vorbeilaufen sieht. So wirklich vom Hocker gehauen hat mich allerdings nichts, aber das liegt wohl auch daran, dass man viele Motorräder schon irgendwo vorab gesehen hat. Und trotzdem war es spannend, die Mopeds live zu sehen. So hatte ich zum Beispiel den Erstkontakt mit der neuen R 1300 GS am SW-Motech Stand, später auch bei Touratech. Ich sah außerdem mal wieder, dass man die neue Transalp mit Grobstöllern und ein paar Teilen ganz schön auffritten kann (ok, das XL-Topcase bräucht ich jetzt nicht). Und daneben schlenderte ich wieder ganz gerne um den skandinavisch-sterilen Stand von Cake, auf dem die Kalk von Sinje Gottwald ausgestellt war, die damit durch Afrika gefahren ist. Abgesehen davon war enduristisch einiges geboten (Moto Guzzi Stelvio, MV Agusta, viele Chinabikes, eine größere Royal Enfield Himalayan), aber wie gesagt: Den großen Aufschlag wie damals die Ténéré 700 habe ich nun nicht gesehen.



Overpromised, underdelivered. Oder: How is Mr Duke?
Viel Momentum versprach ich im letzten Update zur Duke. Mir ist allerdings etwas Kleines dazwischen gekommen, was wohl mindestens für die nächsten 18 Jahre eine gute Ausrede für alles liefern wird. In der Zwischenzeit wurde dafür die gesamte Abgasanlage mit einem Verfahren gereinigt, dessen Name mir nicht mehr einfällt. Eine gewisse Rest-Patina sorgt natürlich für Street-Credibility. Das gleiche gilt für die schicken Speichenräder, auf denen die schon seit ca. 2003 nicht mehr hergestellten Michelin TX 25 einem Paar neuer ContiAttack SM Evo weichen mussten. Jetzt muss das nur noch montiert werden und dann ist die Duke wohl im Frühjahr bereit, einem fachkundigen Sachverständigen (oder so) vorgeführt zu werden, pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum.

