Testride: BMW R 1200 GS, luftgekühlt

Was gibt es denn zur GS noch zu sagen. Vor allem zu einer K25 von 2008. Immer noch genug, wie ich finde. Vor allem da ich nun schon einige Zeit auf ihr unterwegs bin, und mich der Unterschied zur wassergekühlten Neuauflage, aber auch zu anderen Motorrädern immer wieder erstaunt. Dabei ist sie gar nicht so perfekt, auch wenn das seit Jahren so gesagt wird. Eine große Vorstellung erübrigt sich eigentlich, denn wer keine hat oder hatte (schon die luftgekühlte GS war jahrelang das meistverkaufte Motorrad in Deutschland), der hat garantiert trotzdem eine Meinung dazu. Hier möchte ich einfach nur beschreiben, was ich von der GS halte. Und warum sie nach wie vor ein schöner, für mich (!) perfekter Allrounder ist.

Es gibt viele gute Flucht-Fahrzeuge auf zwei Rädern. Das hier ist meins (Dekor seit 2023)

Modellgeschichte des Multitools

Eine GS zeichnet sich seit jeher durch ihre Vielseitigkeit aus. Mit straffem Fahrwerk und einem Satz Pirelli Scorpion Trail fährt sie handlicher um die Kurven, als sie es den technischen Daten nach sollte. Ein Paar TKC 80 aufgezogen und sie wühlt sich durchs Unterholz und fast jedes erdenkliche Gelände, ebenfalls besser als sie es ihrem Gewicht nach sollte. Dafür muss man nichtmal ein Vollprofi sein, denn die Geländeboxer sind recht gutmütige Wesen, höchstens durch Ausmaß und Gewicht nicht vollkommen anfängertauglich. All das gilt schon für die frühen, heute rustikal wirkenden Zweiventil-Boxer. 1994 machte das Konzept GS mit Einführung der Vierventil-1100er (das ist die mit dem Busscheinwerfer und der Playmobil-Optik) und u. a. dem damit verbundenen Wechsel von 21- auf ein 19-Zoll-Vorderrad einen deutlichen Schritt Richtung Straße, taugte aber trotz des höheren Kampfgewichts für leichtes und mittleres Gelände. Das ist, wie immer, Definitionssache, aber darüber zu diskutieren ist müßig. Und eigentlich ist es ganz einfach: Eine GS (egal welche) ist ein Reisemotorrad, das sowohl auf der Straße als auch im Gelände gut funktioniert. Auch GS-Fahrer wissen meistens, dass sowas mit einer Sportenduro leichter geht. Und wenn 99 Prozent der Piloten kein Gelände fahren und es nur können wollen, wenn sie wollen würden, dann ist das doch auch ok. Wer eine Fireblade kauft, muss sich ja auch nicht rechtfertigen, wenn er die Honda auch mal zum Pendeln benutzt. Abgesehen davon, dass es genug GS (und andere Großenduros) gibt, die durchaus auf Fernreisen benutzt werden. Alle Großenduros als fette, unfähige Zweirad-SUV abzutun ist einfach, aber unfair. Die können schon was. Exkurs und Aufregung Ende.

Auf die 1100er folgte 1999 die 1150 GS, die man auch als große Modellpflege sehen könnte. Berühmt wurde sie durch noch größere Verkaufszahlen und den „Karl-Dall-Blick“, was sie aber bis heute unverwechselbar macht. 85 PS bei nun weit über 260 Kilo änderten wenig an ihrer Vielseitigkeit. Mit der R 1150 GS Adventure gab es auch wieder ein Modell mit großem Tank und Motorschutz ab Werk. 2004 erschien dann die 1200 GS (Modellcode K25), um die es hier eigentlich gehen soll. Die komplette Neukonstruktion war nicht ganz unumstritten, denn mit vielen Kunststoffteilen und CANBUS statt klassischem Kabelbaum war die Neue schnell als Plastikbomber verschrien, dessen „Hochtechnologie“ bestimmt mit Unzuverlässigkeit bezahlt wurde. Kommt einem irgendwie bekannt vor… Aus heutiger Sicht wirkt sie dagegen schon wieder ziemlich konventionell. Aber wie bei jedem Modell waren ein paar Rückrufe unvermeidlich. Fahrerisch und objektiv konnte die 12er GS trotzdem alles besser als ihre Vorgängerin, auch dank einer Diät von gut 20 Kilogramm. Die propagierten und häufig zitierten 30 Kilo (gerne kolportiert wird das Bild vom Wasserkanister, der bei der Präsentation auf einem Tisch stand) gelten höchstens ohne Sonderausstattung und ohne Sprit. Im Ready-to-Reise-Trimm stehen rund 245 Kilogramm auf der Waage, was damals wie heute trotzdem ein recht beachtlicher Wert ist. Bei allen Diskussionen über Gewicht sollte nicht unerwähnt werden, dass ein Kardan grundsätzlich schwerer als eine Kette ist, eine Einarmschwinge mehr wiegt als eine Zweiarmschwinge, ein Boxer mehr Teile als ein Reihenzweizylinder benötigt und der Telelever samt „Federbein“ auch zusätzliche Kilos auf die Waage bringt. 2006 folgte das entsprechende Adventure-Modell, mit 33-Liter-Tank, Rundumschutz ab Werk und hübschen Zusatzleuchten, die lokomotivartig ein Dreieck bilden. Eine größere Scheibe verbessert die Langstreckentauglichkeit zusätzlich. Ob die größeren Federwege und gezackten Fußrasten aber wirklich die Geländetauglichkeit steigern, ist angesichts der Zusatzkilos sicherlich zu diskutieren. So oder so, wer auf den Macho-Look (oder die gigantische Reichweite und den höheren Reisekomfort) verzichten kann, rüstet das meiste einfach an der leichteren Standard-GS nach. Denn bis auf den großen Tank und das Fahrwerk ist fast alles schnell nachgerüstet.

Die Adventure-Version der R 1200 GS mit großem Tank, © Copyright BMW AG, München (Deutschland)

In Summe erreichten die GS-Verkaufszahlen neue Rekorde und bereits 2008 folgte die erste Modellüberarbeitung (MÜ), vor allem an den Metall-Verkleidungen am Tank oder am LED-Rücklicht erkennbar. Selbstschrauber freuten sich schon vorher (Modelljahr 2007, also ab September 2006) über den Wegfall des umstrittenen und eigentlich unnötigen Bremskraftverstärkers sowie die deutlich vereinfachte Möglichkeit, das Öl im Endantrieb zu wechseln. Eine weitere Neuerung war das optional elektronisch verstellbare Fahrwerk ESA. Das kannte man schon aus anderen BMWs, für die GS waren zwei Geländemodi inklusive, wovon einer sogar die Federwege zusätzlich um 10 Millimeter vergrößert. Für viele die wichtigste Änderung: Die Leistung stieg von 98 auf nominelle 105 PS. 2010 folgte bereits die „technische Überarbeitung“ (TÜ), die GS erhielt den DOHC-Boxer mit neuen Zylinderköpfen, der 110 PS leistet und bis heute in den R nineT-Modellen verpflanzt wird. Dank Auspuffklappe sind diese Modelle auch akustisch präsenter. Rein äußerlich erkennt man die Modelle am schnellsten an den anderen Ventildeckeln (vertikale Zündkerzenabdeckung, zwei statt vier Schrauben). In diese Zeit fallen auch hübsche Sondermodelle wie die „Triple Black“ oder die „Rallye“-Modelle mit rot lackierten Rahmen, aber auch so stellt die DOHC-GS für viele die Krönung der Baureihe dar. Auch wenn die Konkurrenz in mancher Hinsicht Besseres zu bieten hatte, schrieben die K25-Modelle die Erfolgsgeschichte der GS weiter fort und blieben bis zuletzt die Benchmark im Segment der Maxi-Enduros. Nicht ohne Schwächen, aber in der Summe ihrer Eigenschaften unschlagbar, so der Tenor. 2012/2013 erschien die wassergekühlte Nachfolgerin mit Modellcode K50. Trotz gleicher Bezeichnung blieb dabei kein Stein auf dem anderen, sogar der Kardan wechselte nach 90 Jahren Motorradbau von der rechten auf die linke Seite. Wieder war alles etwas stärker, vielseitiger, besser, aber nicht leichter. Das letzte Update der K50, die R 1250 GS, ist folgerichtig und objektiv die beste GS aller Zeiten. Das macht die älteren Modelle aber noch lange nicht zu schlechten Motorrädern… P.S. die ebenfalls von mir sehr geschätzten Einzylinder (650 GS und 650 X) bzw. Reihenzweizylinder (800 bzw. 850 GS), die in diesem Zug immer mit erwähnt werden, habe ich hier bewusst ausgeklammert.

„Massenzentralisierung“ und „tiefer Schwerpunkt“ mal veranschaulicht © Copyright BMW AG, München (Deutschland)

Charakter? Und wie

Als vielseitigem Verkaufsschlager wird der Boxer-GS, wie vielen BMW, gerne null Emotionalität vorgeworfen. Im Idealfall hat man sich die GS dann immerhin „trotz ihrer Optik“ gekauft. Ja mei. Die Stärken kann ich nur wiederholend aufzählen: Fährt gut, bremst gut, verbraucht wenig, trägt viel, ist zuverlässig und komfortabel. Abgesehen von konzeptbedingen Nachteilen, die so ein Kompromiss mit sich bringen muss, gibt es natürlich auch Schwächen, wie sie jedes Zweirad hat. Gerade wenn der Motor kalt ist, klackert und klonkt es zum Beispiel ganz ordentlich. Nicht nur beim Gangwechsel, auch bei jedem Ein- und Auskuppeln (ich werde mal ein anderes Getriebeöl testen). Die lange Eingewöhnungszeit an den Telelever kann ich jedoch nur zum Teil nachvollziehen, obwohl ich sehr oft von Telelever auf Motorräder mit herkömmlichen Upside-down- oder Telegabeln wechsle. Im Allgemeinen spricht man von wenig Rückmeldung vom Vorderrad, was ich ehrlich gesagt nicht vermisse. Aber ich bin auch kein Heizer, Anraucher oder Fräser. Genauso wie der schwerpunktgünstige Boxer gilt diese Art der Vorderradführung als Teil des erfolgreichen Rezepts. Wer dem Motorrad „Charakter“ abspricht, kennt es aber vielleicht einfach nicht gut genug und lässt sich von der Unaufgeregtheit blenden. Ich mag es, wenn die Fuhre beim Zwischengas etwas nach rechts kippt, mag den gleichmäßigen Zweizylindersound und den gutmütigen, bärigen Traktormotor. Der auch mal versehentliches Anfahren im Zweiten zulässt, oder die Fuhre mit sehr fülligem Sound auch in zu hohen Gängen aus 1800 Umdrehungen hochzieht. 105 PS mögen heute schon fast schwachbrüstig erscheinen, passen für mich aber perfekt zum Motorrad, auch ganz ohne Fahrmodi. Traktionskontrolle und ABS mögen nicht so fein wie heutige Systeme regeln, sind aber im Vergleich zu den ersten ABS-Generationen unauffällige und gut funktionierende Sicherheitsfeatures. Mit einem Verbauch zwischen 4,7 und 6 Liter pro 100 Kilometer sind mit dem 20 Liter Tank der Standard-GS zwischen 330 und 420 Kilometer möglich. Und wenn die Reise etwas länger geht, einfach die Beine auf die Zylinder legen und mit brummigen Boxersound weiter Richtung Horizont.

Für Reisen ist die GS auch ganz gut geeignet…

Was mir außerdem immer wieder gefällt sind die vielen praktischen (jaja, langweiligen) Details. Alleine schon der höhenverstellbare Sitz, das darunter liegende (wenn auch kleine) Werkzeugfach und die Möglichkeit, den Helm dort abzuschließen. Der Sozius-Sitz kann einfach abgenommen werden und bietet so noch mehr Platz für Gepäck, vor allem wenn die Gepäckbrücke abgebaut wird. In Verbindung mit Koffern entsteht sogar eine große, ebene Ladefläche. Der Lenker ist in zwei Positionen (näher am Fahrer und weiter weg) einstellbar, der Windschild ebenfalls in vielen Stufen, wenn auch noch nicht während der Fahrt. Dazu die Heizgriffe, Navihalter, Bordsteckdose, Hauptständer… das ESA-Fahrwerk hätte ich früher wohl als unnötig abgestempelt, nutze es aber tatsächlich sehr häufig. Vor allem passe ich das Fahrwerk damit tatsächlich an die Beladung an und probiere hin und wieder verschiedene Einstellungen, was ich bei einem manuellen Fahrwerk sicher nicht machen würde. Mittlerweile habe ich es durch ein Touratech-Fahrwerk ersetzt, was das Motorrad nochmal (und spürbar) in jeder Hinsicht besser macht.

Das heißt aber nicht, dass es keine Schwächen gibt. Der Boxer ist qua seiner Einbaulage exponiert, was selbst bei relativ harmlosen Umfallern ohne entsprechenden Schutz zu einem Loch, Riss oder anderweitiger Inkontinenz führen kann. Dann das Thema Windschutz. Trotz Einstellrädchen am Windschild habe ich für mich keine Einstellung gefunden, die mir dauerhaft passt. Und ohne Scheibe sieht die Front doch etwas komisch aus. Für eine Scheibe aus dem Zubehörhandel bin ich ehrlicherweise zu eitel. Ich arrangiere mich halt damit… Blöd sind auch die an sich praktischen Reifendrucksensoren, deren Batterien aber nur aufwendig oder teuer getauscht werden können. Das ist eines der vielen Dinge, die eben erst auffallen, wenn die Motorräder ein gewisses Alter erreichen, ich habe die Reifendruckanzeige einfach deaktivieren lassen. Indiskutabel schlecht ist die unzuverlässige Tankanzeige (Codename Foliengeber), die bei vielen ersetzt wurde und oft nach zwei oder drei Monaten wieder nicht ging. Im besten Fall (wie bei mir) wird der Tank immer als voll angezeigt. Dann plant man die Tankstopps halt wieder nach Tripcounter. Im schlimmsten Fall hat man eine permanente Treibstoffwarnung im Cockpit.

Mit passender (nicht übertriebener!) Schutz-Ausstattung kein Thema. „Ohne alles“ womöglich das Ende der Reise

Mit die größte Schwachstelle der K25 scheint jedoch der Endantrieb zu sein, weshalb an dieser Stelle auch noch der empfohlene, regelmäßige Ölwechsel im Hinterachsgetriebe erwähnt werden soll. Bei den ersten Modellen war hier noch von einer Lifetime-Füllung die Rede. Seit der Modellüberarbeitung 2008 (also die hier gezeigte) gibt es immerhin auch wieder eine Ablassschraube, die den Wechsel einfacher gestaltet. Das Problem scheint angesichts der gebauten Stückzahlen kleiner zu sein, als es das Internet suggeriert. Ein Muster ist jedenfalls nicht erkennbar, manche haben bei 100 000 Kilometern schon zwei mal tauschen müssen, andere fahren die dreifache Kilometerleistung mit dem selben Kardan. Ein kleineres Thema, das z. B. auch meine 650er betrifft, ist der „Lifetime“-Benzinfilter, der in der Pumpeneinheit verbaut ist und nur mit viel Aufwand austauschbar ist. Bei der 1150er GS sollte (und konnte!) er noch alle 40 000 Kilometer gewechselt werden. Eine gewisse Skepsis bleibt auch hier bestehen. Glücklicherweise sind all diese Schwächen mittlerweile dokumentiert und bei regelmäßiger Pflege und Kontrolle kein Thema. Als Gebrauchtmoped ist die GS aber sicherlich kein komplett sorgenfreies Motorrad. Und ebenso ist GS fahren meiner Meinung nach nicht automatisch gleichbedeutend mit draufsitzen und wohlfühlen. Das fängt bei den klassischen dreigeteilten BMW-Blinkerknöpfen an (nach ein paar mal abbiegen vergessen) und geht weiter bei Telelever und Kardan. Auch hier braucht es etwas Zeit, um sich an die Eigenheiten zu gewöhnen. Aber irgendwann lernt man sie zu schätzen. Oder eben nicht.

BMW-typisch angenehme Beleuchtung, LCD u. a. mit Ganganzeige, Öltemperatur und (unzuverlässiger) Tankanzeige

Abschließende Worte, Modellfindung, die K25 und ich

Um den Kreis zu schließen möchte ich abschließend beschreiben, warum ich genau diese Baureihe so mag. Das hat mehrere Gründe, und der erste, der mir einfällt ist „Südtirol 2005“. Das war glaube ich der dritte Soziusurlaub, den ich als nur mäßig Motorradinteressierter auf der Sitzbank der GS erlebte. Da wusste ich zwar wenig über Motorräder, aber immerhin was eine GS ist. Und das Gelände-Straße-Ding für alle Fälle gefiel mir einfach, so wie auch Unimogs und Mercedes G einen gewissen werkzeugartigen Charme besitzen.

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Als kritischer Sozius (rechts)

Auch jetzt, 15 Jahre später gefällt mir die K25 optisch am besten, auch im Vergleich zur aktuellen GS. Dazu wirkt sie deutlich schlanker. Mehr als einmal wurde ich gefragt, ob das meine „800er“ in der Tiefgarage sei. Kurioserweise wiegen aktuelle 800er, 900er oder 1000 teilweise genauso viel (fairerweise mit meist besserer Ausstattung). Die ältere 1150 GS gefällt mir ebenfalls, auch dank des Metalltanks und der noch rustikaleren Erscheinung. Allerdings nur als Adventure-Version. Die wäre mir aber mittlerweile etwas zu alt und zu schwer. Das Gewicht war übrigens auch der Grund, warum ich mich gegen die ganz oben gezeigte Adventure-Version der K25 entschieden habe, die ich manchmal in ihrer (noch monumentaleren) Zweckmäßigkeit und Multitool-Aura sogar noch „hübscher“ finde. Aber wenn es schon ins Gelände geht, dann sollte, wie oben schon gesagt, die normale GS besser (weil leichter) sein. Wohl nicht zufällig sind bei den GS-Trophies die normalen GS unterwegs. Auch ich verzichte lieber auf 20 zusätzliche Millimeter Federweg, bewege aber ein spürbar leichteres Motorrad. Auch wenn fairerweise viele Zusatzpfunde der Adventure auf das Konto der umfangreicheren Schutzausrüstung und den größeren Tank gehen. Anpassen lässt sich wie gesagt fast alles. Als Einsitzer oder Zweisitzer, ohne Gepäck, mit Satteltaschen oder Alu-Koffern. Mit Reifen, die zum Einsatzspektrum der GS passen. Letzte Randnotiz: In die F 800 GS und vor allem F 800 GS Adventure hatte ich mich auch schwer verliebt, gerade weil ich hier vergleichsweise viele Testkilometer (auch im Enduropark Hechlingen) sammeln konnte. Doch egal wie verlockend das geringe Gewicht, das 21-Zoll-Vorderrad oder der zigfach bewährte und sparsame Rotax-Twin auch sein mögen, es gab immer ein Argument, der mich stets zur 1200er brachte: Der luftgekühlte Boxer.

Mein Fazit

Vieles spricht meiner Meinung nach noch heute für die luftgekühlte GS. Auch wenn die Dschi-Ess mit Wasserkühlung objektiv gesehen alles besser kann. Das größte Argment für eine K25 ist heutzutage sicherlich der Preis. Aber auch der charakterstarke (man könnte auch sagen schlechtere) luftgekühlte Motor, Gewicht, Ausstattung, dokumentierte und überschaubare Schwächen, das im Vergleich zu aktuellen Großenduros noch etwas geländefreundlichere Reifenformat… letztlich ist es auch eine Frage des Geschmacks. Langweilig finde ich den vermeintlichen VW Golf auf zwei Rädern eigentlich nur ab Werk, mit Gussrädern, Straßenreifen und Topcase. Mit wenig Aufwand und der ein oder anderen Zubehörbestellung kann man das Moped perfekt an seine Bedürfnisse anpassen. Ich liebe meine GS jedenfalls so, wie sie jetzt ist. Und mit ihrem unaufgeregten, aber souveränem Wesen passt sie perfekt zu mir. Egal wie viele moderne Reiseenduros ich mittlerweile beruflich fahren durfte: Ich drehe mich noch jedes mal nach der GS um, wenn das Fluchtfahrzeug auf dem Hauptständer oder viel zu schräg auf dem Seitenständer auf seinen nächsten Einsatz wartet. Mehr zu Um- und Anbauten steht übrigens hier.

Packesel, Tourer, Kurvenjäger, Expeditionsfahrzeug. Die GS ist ein Motorrad für alle Fälle

Was ich an der GS (und insbesondere der K25) liebe …

  • Ein Motorrad für (fast) alle Fälle
  • Kräftiger, gutmütiger, sparsamer und kaum abwürgbarer Boxer
  • Sehr gute Bremsen
  • Relativ leichtes Handling auf und abseits der Straße
  • Schenkt viel Vertrauen
  • Viele praktische Details
  • Hohes Komfortniveau durch Sitzbank, Windschutz und Heizgriffe
  • Sicherheitsplus durch ABS und Traktionskontrolle (verhindert natürlich nicht jeden Sturz…)
  • Für das Gebotene nahezu moderates Gewicht, aus heutiger Sicht geradezu schlank
  • Leiser als spätere luft- und wassergekühlte Boxer
  • Viele Wartungsarbeiten in Eigenregie und ohne Diagnosegerät möglich
  • Design gefällt mir nach wie vor sehr gut

Was mich an der GS (und auch an meiner K25) nervt…

  • Tankanzeige der frühen und MÜ-Baujahre nicht nutzbar (gelöst bei den TÜ-Modellen)
  • Anfälliger Endantrieb, auf den man ein Auge haben sollte (gilt für alle Baujahre)
  • Harte und klonkende Lastwechsel
  • ~ 250 Kilo bleiben ~ 250 Kilo, wie mit jeder Reiseenduro wird das im Gelände schnell kräftezehrend
  • Laut schaltendes Getriebe
  • Verstellbarkeit der Scheibe bringt bei meiner Körpergröße wenig
  • Das GS-Fahrer Image (verlagert sich jedoch durch immer weniger K25 und zigtausend herumfahrende K50)

Auf dem Papier (Modelljahr 2008)

  • 1170 ccm Zweizylinder-Boxer, Einspritzung, Luft- /ölgekühlt
  • 105 PS bei 7000 rpm und 115 Nm bei 5750 rpm
  • Nasssumpfschmierung
  • Sechsgang, Kardan, ca. 210 km/h
  • Gewicht vollgetankt: 244 kg (in Serie mit ABS und ESA, ohne Kofferträger, Koffer, Sturzbügel)
  • 20 l Tank, Verbauch zwischen 4,8 und 6 l/100 km, Reichweite 330 bis 430 km
  • Gitterrohrrahmen aus Stahl, tragender Motor-Getriebe-Verbund
  • Fahrwerk vorne: 41 mm Telegabel / Telelever, mit 190 mm Federweg, 110/80-19 Reifen
  • Fahrwerk hinten: Einarmschwinge, ESA-Federbein und Paralever, 200 mm Federweg, 150/70-17 Reifen
  • Sitzhöhe 870 / 850 mm (verstellbar)
  • Bremsen: Teilintegral, Vierkolben-Festsättel und Doppelscheiben 305 mm vorne, Einzelscheibe 265 mm hinten, ABS, Traktionskontrolle
  • 720 W Lichtmaschine
  • Service: alle 10 000 km
  • Preis gebraucht: um die 8000 €

Zubehör

  • Auch wenn der Zubehörmarkt langsam kleiner wird, bekommt man für die alte GS nach wie vor fast alles, was man theoretisch brauchen könnte. Spätestens als Gebrauchtteil… eine Auswahl:
    • Motorschutz, Sturzbügel
    • Windschild
    • Einzel- und Doppelsitzbank
    • Gepäcksysteme aller Art
    • Nachrüstfahrwerk
    • Bling-Bling jeglicher Art
  • Angesichts der Stückzahlen dürften Ersatz- und Verschleißteile noch lange verfügbar sein

Vergleichbare Motorräder

  • BMW R 1150 GS bis 2004, 1200 GS ab 2012 (wassergekühlt)
  • Ducati Multistrada
  • KTM 990 Adventure
  • Yamaha Super Ténéré
  • Triumph Tiger 1200
  • Suzuki V-Strom 1000

18 Gedanken zu “Testride: BMW R 1200 GS, luftgekühlt

  1. Moin Fdinand, schöne kleine Hommage auf die K25. Mag sie auch und fahre die 2007er – gezielt gekauft, weil die bereits das nächste Bremssystem von Conti-Teves hat. Also ohne den Bremskraftverstärker. Das wurde nicht mit der MÜ, sondern noch in der ersten Auflage geändert und 2006 ab August verbaut. Viele Grüße

    • Danke für das Lob und den Hinweis. Ich habe die entsprechende Stelle ergänzt, ich habe das schon öfter gelesen und möchte nicht weiter dazu beitragen, dass diese Falschinformation weiter im Netz kursiert.

  2. Hallo!
    Guter Bericht,gefällt mir,habe mir jetzt eine K25 gekauft,wegen Bequemlichkeit, hoffe daß mein GS „Versuch“ paßt,wird sich im Frühjahr zeigen.

    • Hi Michael,

      da gibt es viele Möglichkeiten. Ich habe nach ersten Versuchen mit einer Handsäge ein Akku-Rotationswerkzeug benutzt. Eine Stichsäge würde sicher ähnlich gut funktionieren. Super präzise ist das als Freihand-Lösung nicht, aber nachschleifen sollte man so oder so. Um die Form festzulegen bietet sich Tape oder Filzstift an, mit einer Papierschablone kann man das dann an der Mittelachse spiegeln und übertragen. Siehe auch:

      Ach ja, am besten benutzt man einen ohnehin verkratzten Windschild aus ebay. Ich fahre momentan nämlich auch lieber wieder mit der Originalscheibe.

      Gutes Gelingen!
      Ferdinand

  3. Hallo Ferdinand,
    Schöner Bericht! Möchte mir eine Triple Black von 2011 zulegen. Auf dem Foto oben sehe ich so schöne gelbe Aufkleber. Wo bekommt man die? Welchen Motorschutzbügel hast du verbaut?
    AG Ronald

    • Hallo Ronald,

      danke dir! Die Aufkleber und die Lackierung (war vorher das serienmäßige „Schiefergrau“) sind so nicht nachrüstbar, sondern individuell angefertigt. Als Vorbild diente jedoch die R 1250 GS in der „40 Years GS“-Edition.

      Zum Sturzbügel: Das sind die Sturzbügel (+ der Ventildeckelschutz) aus dem BMW-Zubehörkatalog. Obwohl beim Kauf der fette Wunderlich/bzw. Hepco & Becker-Sturzbügel dabei war, ist das für meinen Geschmack die etwas teurere, aber deutlich elegantere und wertigere Lösung.

      Viele Grüße
      Ferdinand

  4. Hallo Ferdinand,
    sehr interessante Betrachtungen hast Du da verfasst, sehe ich auch so. Ich selber hatte meinen Einstieg mit einer 2005er R1200GS und bin jetzt bei einer R1200GS ADV Modeljahr 12 gelandet. Für das perfekte Reisemotorrad, derzeit out of Order 😦 hast sich mit Wasser verschluckt und hat einen kapitalen Motorschaden. Werd ich über Winter richten. Nun ist es hier im echten Norden nicht immer das beste Terrain für eine GS 🙂 dafür fährt man dann halt in den Süden oder Richtung Skandinavien, oder auch mal nen TET… 🙂

    Viele Grüße, Thomas

    • Hi Thomas,

      danke für die netten Worte. Falls meine mal Out of Order sein sollte, würde ich wohl auch eine 2010-2012er nehmen, evtl. dann sogar doch als Adventure (wenn schon, denn schon…). Wie kam es denn zu dem „Wasserschaden“? Flussdurchfahrt?

      TET steht bei mir nach wie vor auf dem Programm, zumindest das was ich so in Kroatien und Bosnien gefahren bin, traue ich der GS locker zu. In Italien soll der TET schon deutlich anspruchsvoller sein… Aber dann drücke ich mal die Daumen, dass der Boxer im Frühjahr wieder läuft.

      Viele Grüße
      Ferdinand

      • Ahoi Ferdinand, ich habe bei einer Gewässerquerung die Tiefe unterschätzt und das aufschwallende Wasser hat dann den Weg über die Airbox in den Brennraum gefunden :-(. Das Glück dabei ist, ich bin vollkaskoversichert 😉 da sind sogenannte Flüssigkeitsschläge versichert. Nachteil war bisher, der Gutachter hat dieses nicht erkannt und als Allmählichkeitsschaden begutachtet, auf deutsch gesagt Verschleißschaden. Damit bin ich nicht losgegangen und habe einen Widerspruch an die Versicherung geschrieben. Nun ist es ein wirtschaftlicher Totalschaden und ich werde über den Winter den Motor tauschen, dabei werde ich die Simmerringe motorseitig und am Getriebe sowie die Kupplung wechseln, wenn schon denn schon… ein ADV WESA Fahrwerk hab ich auch noch liegen, das kommt dann auch gleich rein.
        Meine GS hat erst 28.000 Kilometer gelaufen und ist für mich das optimale Reisemoped 😉 mit den org. Alukoffern und einer Umlackierung in nardo grey (Audi) und einen zweiten Satz Kreuzspeichenfelgen (1x Conti Trail attack 3, 1x Kitas E07 Dakar). Den zweiten Satz Kreuzspeichenfelgen hatte ich über Kleinanzeigen zugelegt, was war natürlich beide Felgen mit Schlag. Hier muss man lange suchen um jemanden zu finden der Kreuzspeichenfelgen kann, ich habe ihn gefunden 🙂

        Viele Grüße aus dem echten Norden (bei Eckernförde)

        Thomas

      • Hi Thomas,
        das klingt nach viel Lehrgeld und nach dem typischen Horrorszenario, um mitten im Nirgendwo liegenzubleiben. Aber gut, wenn es für dich das optimale Reisemotorrad ist, kann ich verstehen, dass du „trotzdem“ so viel Geld reinsteckst. Mein Touratech-Fahrwerk war rein wirtschaftlich gesehen auch nicht sinnvoll. 😉
        Viele Grüße, Ferdinand

  5. hallo Ferdinand, noch mal eine Frage zur Kotflügelverbreiterung vorn.

    Kannst du mir sagen welchen Hersteller du genommen hast und ist es nur Optik oder bringt es was im Gelände?

    LG aus Hamburg

    Michael

    • Hi Michael,

      das ist ein originales BMW-Teil, das hat die Adventure-Version ab Werk. Kann man daher als Ersatz- bzw. Zubehörteil im BMW Ersatzteilekatalog finden. Funktional dürfte es (im Gegensatz zu anderen Teilen der Adventure) nur wenig bringen, es ist hauptsächlich ein Designakzent.

      Viele Grüße
      Ferdinand

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